Der Gründung des Familienunternehmens Allgäuer Handwebereien Thalkirchdorf gingen bereits in mehreren Generationen kaufmännische und handwerkliche Tätigkeiten voraus. Mit der Konzession, in der die Regierung des Oberdonaukreises zu Augsburg am 27. Januar 1837, also vor 140 Jahren, dem ehemaligen Lehrer Carl Hense die Genehmigung zur Errichtung eines Warengeschäfts in Thalkirchdorf gegen eine Gebühr von drei Gulden und 31 Kreuzern erteilte, wurde der Grundstein für die moderne Entwicklung des Familienbetriebes gelegt. Doch geht aus alten Aufzeichnungen hervor, dass auf dem Anwesen Nr. 15 in Thalkirchdorf, heute noch ist hier der Sitz des Unternehmens, schon seit dem Jahr 1690 eine Bäckereigerechtigkeit ausgeübt und ein Warenhandel betrieben wurde. Die Familie Hense ist ein uraltes Allgäuer Geschlecht. Schon vor dem Dreißigjährigen Krieg bis ins Jahr 1762 ist sie in der Ortschaft Hense bei Aach wohnhaft, jetzt zur Marktgemeinde Oberstaufen gehörend. Bar. Die Ortschaft Hense wird als Stammsitz der Familie Hense betrachtet. Weit in die Vergangenheit zurück reicht die Führung eines Siegels mit einem springenden Pferd; die Bedeutung war bisher nicht feststellbar. In späterer Zeit wurde das Wappen mit einem Mühlrad umgeben, als Zeichen für Besitz und Betrieb einer Säge.
Carl Hense sen. wurde 1805 als Sohn eines Landwirts auf Haus Nr. 1 in Thalkirchdorf geboren, studierte und war tätig als Lehrer, bis er im Jahr 1836 in das Anwesen Thalkirchdorf Nr. 15, benannt „An der Säge“ einheiratete, seinen Lehrerberuf aufgab und sich dank der erwähnten Konzession neben dem Betreiben des Sägewerks dem Warenhandel widmete. Der Firmengründer erwarb sich Ansehen als energischer, umsichtiger Geschäftsmann. Auch in der Kommunalpolitik war er tätig, und er wusste beim Bau der Eisenbahnlinie von München nach Lindau, die in Thalkirchdorf die Henseschen Grundstücke durchschnitt, seine Rechte erfolgreich zu verteidigen.
Nach dem Tode seiner ersten Frau hatte Carl Hense sen. im Jahr 1851 ein zweites Mal geheiratet, und zwar die 1814 geborene Katharina Gsell aus Wohmbrechts. Im Jahr 1869 starb Carl Hense sen. und seine Frau führte das Geschäft, das Sägewerk und die Landwirtschaft weiter, bis der Besitz im Jahr 1881 auf den erstgeborenen Sohn, Carl Hense jun. überging.
Das väterliche Erbe vermehrt
In der zweiten Generation erhielt Carl Hense jun. nicht nur das väterliche Erbe, vielmehr vergrößerte und verbesserte er die Landwirtschaft und erwarb etlichen Grund, vor allem Wald, hinzu. Carl Hense jun. war 1853 geboren worden, er hatte die Berufe eines Landwirts, Händlers und Sägemüllers erlernt. Im Jahr 1882 heiratete er die 1853 geborene Maria Sohler aus Heimenkirch. In der Zeit seines erfolgreichen Wirkens wurden auch einige Umbauten und Neubauten in dem Heneschen Anwesen durchgeführt.
Über schwere Zeit hinweg geführt
Eine kurze, schwere Krankheit riß Carl Hense jun. im Jahr 1909 mitten aus einem schaffensreichen Leben. Seine Witwe Maria Hense übernahm jetzt Geschäft und Anwesen. Sie führte sie, tatkräftig unterstützt von ihren Kindern, auch über die Zeit des Ersten Weltkrieges hinweg, bis sie die verantwortungsvolle Aufgabe im Jahr 1919 in jüngere Hände legte.
Albert Hense, der älteste Sohn, wurde nach seiner Rückkehr von Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft ihr und seines verstorbenen Vaters Nachfolger. Doch Maria Hense stand auch nach der Übergabe ihrem Sohn mit Rat und Tat zur Seite. Ihrem langen, arbeitsreichen Leben setzte der Tod im Jahr 1950 ein Ende; 97 Jahre alt war Maria Hense geworden, und sie hatte auch noch ihren ältesten Sohn überlebt.
Albert Hense, geboren 1882, in der dritten Generation nunmehr Inhaber des Geschäfts und Herr über Landwirtschaft und Sägewerk, erlernte wie sein Vater nach seiner Schulzeit mehrere Berufe, um Besitz und Geschäft erfolgreich verwalten zu können. Der Erste Weltkrieg hatte sein Wirken an der Seite seiner Mutter für ein paar Jahre unterbrochen; doch vom Kriegsdienst zurückgekehrt übernahm er in schwerer Zeit das väterliche Erbe tatkräftig in eigene Verantwortung. Unternehmerischer Mut zeichnete Albert Hense aus, als er mit drei primitiven Holzstühlen in einem notdürftig umgebauten Stall vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation in der Nachkriegszeit eine Handweberei anfing. Dies gab dem Familienbetrieb eine neue Basis. Immer mehr wurde die Handweberei zum Mittelpunkt allen Schaffens.
Um das Wohl der Heimatgemeinde besorgt
Nicht nur in seinem Betrieb wirkte Albert Hense umsichtig und erfolgreich.Entscheidenden Anteil hatte er auch an der Entwicklung seiner Heimatgemeinde Thalkirchdorf: Mitbegründer und langjähriger Geschäftsführer der Gemeindebank Thalkirchdorf; tätige Mitwirkung und zielbewusste Anregung beim Bau der örtlichen Wasserversorgung und des Elektrizitätswerkes.So war es nur folgerichtig, dass Albert Hense nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, in dem er abermals wie schon im Ersten Weltkrieg über fünf Jahre als Soldat diente, zum Bürgermeister der Gemeinde Thalkirchdorf berufen wurde. Bis zu seinem Tode im Februar 1946 füllte er dieses Amt verantwortungsbewusst aus.1919 heiratete Albert Hense die 1892 in Thalkirchdorf geboreneJosefa Schönberger. In der Zeit des Krieges und nach dem Tode ihres Mannes führte Josefa neben einem großen Haushalt mit sechs Kindern Gemischtwarenhandlung und Landwirtschaft weiter. Bewährte Mitarbeiterinnen leiteten die Handweberei. Die Gemischtwarenhandlung wurde nach der Währungsreform aufgegeben.
1948 ging die Geschäftsleitung in der vierten Generation an den ältesten Sohn, Alfons Hense, über. Für Frau Josefa Hense bedeutete die Übergabe aber nicht den Rückzug auf das Altenteil. Noch bis zu ihrem Tod, 1977, im Alter von 85 Jahren, war sie am Firmengeschehen interessiert.
Alfons Hense, geboren 1922, erlernte nach seiner Schulzeit den Beruf eines Kaufmanns. Nach Unterbrechung durch mehrjährigen Kriegsdienst schloß er seine Ausbildung mit Praktika in verschiedenen Großbetrieben ab und übernahm 1948 den elterlichen Betrieb.
Er heiratete 1953 Franziska Schädle, 1927 in Immenstadt geboren und führte gemeinsam mit ihr das Familienunternehmen und die heutigen Allgäuer Handwebereien Thalkirchdorf. Bis zu ihrer Heirat war Franziska Hense in einem modernen Großhandelsbetrieb schon mit jungen Jahren in leitender Stellung tätig gewesen. Im Hause der Allgäuer Handwebereien Thalkirchdorf widmete sich Franziska Hense anfangs einer Neuorganisation des kaufmännischen Betriebsablafs und war an der Geschäftsführung des Unternehmens maßgeblich und verantwortlich beteiligt. Im Jahr 1970 wurde Franziska Hense neben ihrem Mann Kommanditistin der Firma Hense & Co.
Ein erster Erweiterungsbau wurde 1956 erstellt; es folgten eine Möbelstoffabteilung und im Jahre 1978 eine moderne Wolltransport- und Entstaubungsanlage sowie selbständig arbeitende Spinn- und Krempelanlagen. Dies war der Beginn eines vollstufigen Betriebes, der von der Wolle bis zum Endprodukt Teppich alles im eigenen Hause herstellen konnte, um den AHT-Erzeugnissen eine charakteristische und unverkennbare Optik zu verleihen.
Alfons Hense setzte das Werk seines Vaters und seiner Ahnen auch in ehrenamtlicher Arbeit zum Wohl seiner Heimat fort. Lange Jahre gehörte er dem Gemeinderat Thalkirchdorf und dem Kreistag des Landkreises Sonthofen an. Seit der Eingemeindung Thalkirchdorfs nach Oberstaufen war Alfons Hense Mitglied des Marktgemeinderates. Er war über dreißig Jahre in der Kommunalpolitik aktiv.
Nach seinem Tode im Jahr 1982 übernahm seine Witwe Franziska Hense die Führung des Betriebes, bis 1983 die Kinder Arnfried und Gudrun in die Firma eintraten.